33. Kölner Island-Kolloquium (19.11.2006)

  • Begrüßung durch den Präsidenten der Gesellschaft, Prof. Dr. Gert Kreutzer
  • Thor Vilhjálmsson (Reykjavík):
    Einblicke – Ausblicke
  • Prof. Dr. Klaus von See (Frankfurt):
    Die Geschichte der deutschen Nordistik im Kontext von Politik und Weltanschauung
  • Oswald Dreyer-Eimbcke (Wohltorf):
    Island – das Land der Superlative
  • Dr. Charlotte Kaiser (Kiel):
    Die Medizin im mittelalterlichen Norden, insbesondere Islands

Leitung: Dr. Sverrir Schopka
 

Informationen zum Programm

09.45 Uhr Begrüßung durch den Präsidenten unserer Gesellschaft
Herrn Prof. Dr. Gert Kreutzer

10.00 Uhr Thor Vilhjálmsson (Reykjavík)
Einblicke – Ausblicke

Thor Vilhjálmsson, geb. 1925 in Edinburg, studierte Nordistik an der Universität Islands 1944-1946, anschließend 1946-1947 in Nottingham und an der Sorbonne in Paris 1947-1952. Bibliothekar an der Landesbibliothek in Reykjavík 1953-1956, Tätigkeit am Nationaltheater 1956-1959, zahlreiche Fahrten als Reiseleiter für Isländer, insbesondere im Mittelmeerraum. Ehrenamtliche Tätigkeiten, wie z.B. Vorsitzender des Schriftstellerverbandes 1959-1960 und 1966-1968, Präsident des Verbandes der Isländischen Künstler 1975-1981, Präsident des Isländischen PEN-Clubs. Als einer der produktivsten Schriftsteller des Landes veröffentlichte Vilhjálmsson seit 1950 zahlreiche Gedichte, Romane, Essays und Theaterstücke, z.T. in englischer Sprache. Als Übersetzer hat er Werke von John Osborne, Thornton Wilder, André Malraux, Umberto Eco, Francoise Sagan, Isabell Allende und Marguerite Yourcenar ins Isländische übersetzt. Auch als bildender Künstler trat Vilhjálmsson mit Einzelausstellungen seiner Malerei an die Öffentlichkeit. Ihm wurden zahlreiche Ehrungen zuteil, u.a. Nordischer Literaturpreis 1987 für seinen Roman „Das Graumoos glüht“, Verleihung des französischen Ordens Chévalier de l´art et des lettres und des italienischen Ordens Cavaliere dell´Ordine dello Merito 1991. Er ist Ehrenmitglied des isländischen Schriftsteller Verbandes.

Zum Vortrag: Thor Vilhjálmsson hat eine tiefe Beziehung zur deutschen Kultur. Er wird uns über seine zahlreichen und ausgiebigen persönlichen Kontakte zu Mitgliedern der Gruppe 47, wie z.B. Ingeborg Bachmann, Hans Magnus Enzensberger, Uwe Johnson und Hans Werner Richter erzählen, mit denen er freundschaftlich verbunden ist. Diese haben auch Einfluss auf sein Werk gehabt wie Heinrich Heine und Jónas Hallgrímsson. Aber auch Filmemacher wie Margarethe von Trotta und Werner Herzog sind seine Freunde. Das Thema seiner Ausführungen wird auch die Verantwortung des Schriftstellers in der heutigen unruhigen Zeit sein.

11.00 Uhr Prof. Dr. Klaus von See (Frankfurt)
Die Geschichte der deutschen Nordistik im Kontext von Politik und
Weltanschauung (mit Lichtbildern)

Klaus von See, 1927 in Altendorf (Niedersachsen) geboren, studierte Geschichte, Germanistik, Skandinavistik und Rechtswissenschaft. 1962 Habilitation an der Universität Hamburg. 1962 bis zur Emeritierung 1995 Professor für Germanische Philologie an der Universität Frankfurt am Main und Direktor des Instituts für Skandinavistik. Seit 1993 Leiter des DFG-Projekts „Edda-Kommentar“. Ritter des Dannebrogordens und des Isländischen Falkenordens. Sehr zahlreiche Veröffentlichungen zu Themen der Älteren und Neueren Germanistik und Skandinavistik, u.a. zur Wissenschafts- und Ideengeschichte. Herausgeber mehrerer Zeitschriften und Buchreihen.

Der Vortrag will zeigen,
daß die Nordischen Studien während des 19. Jahrhunderts noch vornehmlich von Germanisten, Rechtshistorikern und Volkskundlern (wie z.B. Konrad Maurer und Karl Weinhold) betrieben wurden, also von „Auch-Nordisten“, die gerade deshalb eine größere Breitenwirkung in die Nachbarfächer hinein hatten als die „Nur-Nordisten“,
daß mit der Entdeckung des „Nordens“ in den Jahrzehnten um 1900 (Ibsen- und Strindberg-Rezeption, Nordlandfahrten Kaiser Wilhelms II., Carl Larssons „Haus an der Sonne“) die Nordischen Studien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden (Andreas Heuslers Kontakte zu Arthur Bonus, zu Eugen Diederichs, dem Gründer der Buchreihe „Thule“),
daß im 19. Jahrhundert die Nordistik noch vorwiegend im Verbund der Gesamtgermanistik stand (so etwa Rudolf Meissner, der im Gegensatz zu Heusler die altnordischen Literatur als Teil der europäischen Literatur begriff),
daß in der NS-Zeit um das „richtige“ Germanenbild in der Auseinandersetzung um die „Sippen-Theorie“ Bernhard Kummers und die „Männerbund-.Theorie“ Otto-Höflers gestritten wurde und
daß in der Nachkriegszeit die Etablierung der Nordistik als eines selbständigen Faches mit eigenen Instituten und eigenen Zeitschriften zugleich die Gefahr einer Abkapselung bedeutet.

12.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr Oswald Dreyer-Eimbcke (Wohltorf)
Island – das Land der Superlative

Oswald Dreyer-Eimbcke, geb.1923 in Hamburg. Nachdem sein Vater 1927 die Vertretung der isländischen Reederei „Eimskip“ in Hamburg erhielt, kam er schon früh mit Isländern beruflich zusammen, als Schifffahrtskaufmann von 1952-1986. Er war von 1960 -1996 Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde Islands und von 1973-2005 Honorarkonsul von Island in Hamburg. Dieses Engagement für Island führte zu über 80 Reisen dort hin und zu zahlreichen Publikationen (auch für die Zeitschrift „Island“). Als größter privater Sammler von isländischen Land- und Seekarten gilt sein besonderes Interesse der Geschichte der Kartographie. Er führte Ausstellungen isländischer Karten in Hamburg, Mainz, Reykjavík, Wien und Budapest durch. Er ist Träger des Ritterkreuzes und des Großritterkreuzes des Falkenordens.

Zum Vortrag: Diejenigen, die Island nicht kennen, werden kaum vermuten, dass das Land von einer Größe wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen mit nur 310 000 Einwohnern, nicht nur ein Land zahlreicher Superlative ist, sondern in einigen Bereichen sogar Weltmeister ist. Behandelt wird sehr ausführlich das Energiepotenzial, um das Island in aller Welt beneidet wird. Gut 87% aller Gebäude werden mit geo-thermischer Energie beheizt. Ein absoluter Weltrekord! In der Bevölkerung selbst finden wir viele Superlative. Trotz des ersten europäischen Schwangerschaftsabbruches haben nur 7% der isländischen Frauen keine Kinder. Island hat pro Kopf die meisten Bridgespieler. Kriminalität ist fast ein Fremdwort. Ohne Krieg und Konflikte konnte Island seine Fläche vergrößern, durch die Natur. Ein Drittel der Weltproduktion aus Lava ist „made in Iceland“. Isländisch ist die älteste Sprache Europas und kommt heute noch ohne Fremdworte aus. Legendär ist die hohe Buchproduktion und die große Zahl von Schriftstellern. Wir können viel, was die Ethik der Arbeit anbetrifft, von den Isländern lernen. Sie arbeiten mehr und länger, nur wenige sehnen sich vor dem Rentenalter von 67 Jahren nach dem Ruhestand. Man sagt dem Isländer einen hohen „Glücksindex“ nach, der auch mit geglückter Demokratie in Verbindung gebracht wird. Schließlich befasst sich der Referent mit dem neuen Exportschlager, dem Kapital. Es werden noch weitere Beispiele genannt.

14.45 Uhr Kaffeepause

15.15 Uhr Dr. Charlotte Kaiser (Kiel)
Die Medizin im mittelalterlichen Norden, insbesondere Islands

Charlotte Kaiser, 1938 in Dresden geboren, studierte Chemie, Biologie und Geographie an der Universität Erlangen, 1963-1965 Studienabschluß mit I. und II. Staatsexamen für das Lehrfach, danach einige Jahre Unterrichtstätigkeit. 1976-1981 Dänemarkaufenthalt durch die Berufstätigkeit ihres Mannes. 1988-1997 Studium der Nordischen Philologie mit dem Schwerpunkt der Mediävistik an der Universität Kiel. 1997 Studienabschluß mit Promotion über das Thema „Krankheit und Krankheitsbewältigung in der Isländersagas“ (Betreuer der Dissertation Prof. Dr. Gert Kreutzer). Seitdem Verfasserin von Beiträgen in medizinhistorischen Fachschriften und Zeitungen, Referentin auf medizinhistorischen Symposien und Kongressen sowie Vortragsrednerin bei regionalen Kulturträgern, wie der VHS Kiel, der Deutsch-Dänischen Gesellschaft in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und der Dänischen Kirche in Südschleswig (Den Danske Kirke i Sydslesvig).

Zum Vortrag: In der heutigen Zeit, in der alternative Methoden der Medizin hoch im Kurs stehen, ist es sicher interessant, einen Blick in die Vergangenheit zu tun. In diesem Vortrag über die Medizin im Mittelalter in Europas Norden und insbesondere Islands (von ca. 900-1500), werden die Heilmethoden (Heilmagie, Volksheilkunde, Schulmedizin und Kloster- bzw. Mönchsmedizin) vorgestellt und anhand von ausgewählten Krankheitsbildern erklärt, wobei der Begriff „Krankheit“ viel weiter zu fassen ist als heute. Runendenkmäler, altisländische Arzneibücher sowie Henrik Harpestrængs dänisches Arzneibuch aus dem 13.Jh., Passagen aus den Isländersagas, Bischofssagas und der Grágás, sowie archäologische Funde ermöglichen einen Einblick in das ärztliche Denken und Handeln von damals. Faszinierend dürfte dabei die Erkenntnis sein, dass unser heutiger medizinischer Wissenstand ohne die Erfahrungswerte der mittelalterlichen Heilkunst nicht denkbar wäre.

16.15 Uhr Schlusswort